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Klosterneuburg

Geschichte:

Die 1042 erstmals urkundlich als "Nivvenbvrch" genannte Stadt befindet sich auf dem Gelände eines römischen Kastells, dessen Befestigungen teilweise als Fundament für die mittelalterliche Burg verwendet wurden. Wahrscheinlich wird das Areal der heutigen Oberstadt ab 1108 neu besiedelt, als der Babenberger Leopold III. (1095-1136) das Stadtgebiet erbt und sowohl ein Kollegiatsstift (1114) als auch seine neue Hauptresidenz der Mark Österreich gründet. Nach dem Tod Leopold III. verliert Klosterneuburg seine Bedeutung als Residenz. Unter Leopold VI. (1198-1230) bezeugen hier ausgestellte Urkunden und prächtige Residenzbauten einen neuen Aufschwung. Nach Koch wird nun auch die regelmäßige Stadtanlage mit den Stadtmauern errichtet, bereits vor Leopolds Tod wird Klosterneuburg jedoch zugunsten Wiens wieder als landesfürstliche Residenz aufgegeben.
Um 1282/88 wird die Stadt unter dem Habsburger Herzog Albrecht I. stark befestigt und durch die neue Albrechtsburg (siehe dort) verstärkt. Die alte Burg verliert somit ihre Funktion, sie wird allmählich in den Stiftskomplex integriert und überbaut. 1799 wird die spätromanische Burgkapelle abgetragen, einige Teile werden in Laxenburg verbaut.
(P.S.)

Bauentwicklung:

Die historisch erschlossene Burg des babenbergischen Markgrafen Leopold III. (ab 1108?) lässt sich bislang nicht gesichert fassen. Hingegen sind die aufrecht erhaltenen Reste von Capella speziosa und Palas kunsthistorisch gut abgesichert der Residenz Hgs. Leopold VI. zugewiesen. Bald nach dem Aussterben der Babenberger 1246 dürfte die Burg hingegen an Bedeutung verloren haben.

Baubeschreibung:

Nach Klaar zeichnet sich im heutigen Stiftsarchiv, schräg gegenüber dem Kirchenportal, ein großer rechteckiger Bau von 40 x 13,5 m ab, der durch zwei Binnenmauern in drei Räume im Verhältnis 1:2:1 geteilt wird. Im Norden ist ein romanisches Keilsteinportal erhalten. Aufgrund des Grundrisses (ein ähnlicher Saalbau ist etwa im ehemaligen Gertrudspital von Klosterneuburg erhalten) vermutet Klaar hier den Hauptbau der Burg des frühen 12. Jahrhunderts, die demnach an der Nordwestecke des Hochplateaus, gegenüber dem Kloster und direkt über dem Donautal lag. Diese These scheint durchaus plausibel, ist aber mangels datierender Untersuchungen bisher nicht zu beweisen.
Weitere Reste eines Saalbaus finden sich in einem Hof zwischen Albrechtsbergergasse, Hundskehle und Rathausplatz, etwa 230 m von der potentiellen älteren Burg entfernt. Hier blieb der Rohbau eines 25,5 x 12,6 m großen Bauwerks erhalten, an dessen Wänden im ehemaligen Obergeschoß Negative und Kämpferansätze eines zweijochigen sechsteiligen Rippengewölbes sowie eines hohen Mantelkamins erkennbar sind. Eine spätere Binnenmauer zeigt ein spoliertes Rundbogenportal mit Kelchknospenkapitellen. Die Datierung des Gebäudes kann aufgrund der kunsthistorischen Details gut in die Zeit um 1220/30 erfolgen, wobei eine enge Anbindung an die romanische Burgkapelle der Residenz zu konstatieren ist. Das Mauerwerk besteht aus grob quaderhaft zugerichtetem Sandstein, die rundbogigen Fensterlaibungen und wohl auch die Gewölbe waren aus Ziegeln gefügt. Das ist bemerkenswert, tauchen doch Ziegel in Österreich allgemein erst in der Gotik auf, isolierte frühe Beispiele finden sich um 1220 etwa in Wien (Michaeler Kirche) und Dürnstein (Burgkapelle) ebenfalls an Fenstern und Gewölben.
Aufgrund der analogen Details geht hervor, dass dieser Bau zu einem größeren Komplex gehörte, dessen repräsentativste Reste sich am Stiftsplatz erhalten haben. Hier steht die ca. 35 m lange, zweigeschoßige Schaufront eines großen Saalbaus, der offensichtlich zweigeschossig war. Ebenerdig deuten schmale Scharten auf ein untergeordnetes Niveau, das Hauptgeschoß ist jedoch mit großen Triforen und Portalen prächtig ausgestaltet. Offenbar gab es vorgelagerte Freitreppen, die dieses "piano nobile" erschlossen. Für die innere Gliederung gibt es kaum Hinweise, möglicherweise war dies ein durchgehender Festsaal. Im Nordosten schließen die Grundmauern einer kleinen, sorgfältig gequaderten Kapelle an, deren Altarbereich polygonal abgeschlossen war. Aufgrund von Grabungen, historischen Ansichten und Plänen sowie in Laxenburg verbauten Originalbauteilen lässt sich anschließend an diese kleine Kapelle (auf älteren Vorgängerbauten) die spätromanische Residenzkapelle rekonstruieren, die sogenannte "capella speciosa", die bis 1799 aufrecht stand. Sie erreichte Maße von 37 x 16,5 m und war durch eine reich gestaffelte Wandgliederung in verschiedenen Marmorsorten überaus prächtig ausgestaltet. Da das Weihedatum 1222 überliefert ist, lässt sich diese Kapelle nach Schwarz als einer der modernsten Bauten Mitteleuropas konstatieren, dessen Baudetails direkt mit den gleichzeitig errichteten Kathedralen von Reims, Auxerre und Notre-Dame in Paris verwandt sind. Es muss Leopold bei seinem Kreuzzug gegen die Katharer in Südfrankreich 1212 gelungen sein, hervorragende Baukünstler direkt vom französischen Königshof nach Klosterneuburg zu berufen. Die capella speciosa sollte die Bedeutung der Babenberger Residenz hervorheben und als Aufbewahrungsort für wertvolle Reliquien aus dem Kreuzzug dienen, wie dies auch an anderen europäischen Fürstenhöfen Mode war.
Eine Rekonstruktion der Stadt um 1220/30 zeigt, dass damals die gesamte Anlage in die Residenzplanung einbezogen wurde. Im Zentrum lag nach Klaar ein rechteckiger Hauptplatz, an dessen Nordwestecke die landesfürstliche Burg eine gerade Schaufront von über 60 m bildete. An dieser Front lagen die zwei Saalbauten sowie an der Ecke vortretend die Kapelle. Leider muss bis zu entsprechenden Grabungen offen bleiben, wie der eigentliche Innenbereich der Residenz gestaltet und bebaut war, er dürfte zwischen Hundskehle, Rathausplatz, Kloster und Stadtmauer ein rechteckiges Areal von etwa 120 x 150 m umfasst und somit ein ganzes Stadtviertel belegt haben.
(P.S.)

Arch-Untersuchung/Funde:

Archäologische Untersuchung der "Capella Speziosa" - der Pfalzkapelle".