EBIDAT - Die Burgendatenbank

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Pöggstall

Geschichte:

1218 wird "Heinricus de Pechstal" urk. genannt. Pöggstall war Zentrum einer ausgedehnten Hft. und Sitz eines Landgerichtes. Die Burg soll sich bereits 1265 im Besitz der Maissauer befunden haben, ebenso unbestätigt ist die vermutete Zerstörung 1295 während des Adelsaufstandes. Erst 1299 sind die Maissauer als Lehensträger des Landesfürsten im Besitz der Hft. nachzuweisen. 1440 gelangt die Hft. an die Hrn. v. Liechtenstein, die bald darauf an die Wiener Patrizierfamilie Holzer verkaufen. "Chunrad Holczer", Bürgermeister von Wien, war in die Auseinandersetzungen um Ladislaus Posthumus verwickelt, in der Folge wird die Burg 1457 durch königliche Truppen belagert. 1460 belehnt K. Friedrich III. den gleichnamigen Sohn Holzers mit der Hft., die 1478 im Kaufweg an Kaspar v. Rogendorf gelangt. Unter diesem wird die Burg großzügig um- und ausgebaut. 1521 befreit K. Karl V. Pöggstall von der Lehenschaft und erhebt sie zur Reichsfreiherrschaft. Unter Hans Wilhelm und Georg Ehrenreich v. Rogendorf wird der Ort Zentrum des Protestantismus. Im Bauernaufstand von 1597 wird die Burg erstürmt und die Rüstkammer geplündert. 1601 gelangt die Hft. an die Gfn. v. Öttingen, von 1607 - 1747 an die Hrn. v. Sinzendorf. Danach sind die Hrn. v. Seldern, ab 1772 die Fürnberg, ab 1795 die Frhn. v. Braun Eigentümer. Letztere verkaufen noch im selben Jahr an K. Franz I. 1919 wird der Besitz von der Republik Österreich übernommen und 1921 dem Kriegsgeschädigtenfonds übergeben. Später im Besitz des Landwirtschaftsministeriums ist das Burg-Schloss seit 1989 im Eigentum der MG Pöggstall. Seither erfolgen laufende Restaurierungsmaßnahmen und die Adaptierung als Museumsort. (G.R.)

Bauentwicklung:

Primäre Bauhölzer finden sich am gesamten urspr. Bergfried in großer Zahl und erbrachten Dendrodaten zwischen 1235 und 1256.
Beobachtungen ließen - teilweise den Beobachtungen A. Klaars widersprechend - aber am "Bering" des oberen Hofes keine Bauteile des 13. Jhs. erkennen, mehrere spätgot. Architekturdetails an und in der randständigen Verbauung des Teiles lassen eher einen spätmittelalterlichen Kern, die Folge eines massiven Um- oder Neubaues unter Zurückverlegung der Beringfronten, vermuten. Mglw. ist der urspr. hochmittelalterliche Bering im Zuge des um den oberen Hof laufenden Zwingers zu suchen, der eine logische Verlängerung der Mauerzüge des unteren Hofes ergäbe. Wie eine außen sichtbare Baunaht anzeigt, ist der Torturm einer sekundären Bauphase zuzuweisen, der urspr. Bering lief mglw. von hier direkt zur SO-Ecke des Altbaues im W. Eine Baunaht und die Mauerstrukturen im Keller des S-Traktes lassen auch hier stärkere Umgestaltungen des späten Mittelalters vermuten. Mit einiger Wahrscheinlichkeit ist neben dem Bergfried folglich nur der Altbau im W, der noch heute durch ein abgesetztes, steiles Walmdach hervortritt und Teile des unteren Hofes der Erstburg um M. d. 13. Jhs. zuzuweisen.
Eine spätgot. Bauphase wird in die Zeit ab 1478, nach der Übernahme durch die Rogendorfer, zu setzen sein. Auf diese Periode gehen u. a. mehrere netzrippengewölbte Räume und 2 Fenster am N-Trakt zurück. Wesentlich stärker prägen jedoch die Bauteile des 16. Jhs. das Gesamtbild.
Die in der 1. Hälfte des 16. Jh. stark geprägte Burganlage erhielt in späteren Bauphasen weitere, vereinheitlichende, durch jüngere Nutzung stark überformende Zu- und Ausbauten. Die allseitig umgebenden Zwingeranlagen mit flankierenden Rundtürmen, die neben dem Rondell auch die im O der Burg situierte ehem. Schlosskirche eingliederten, sind noch dem 16. Jh. zuzuweisen. Der ehem. umlaufende Wassergraben wurde als weitere Reaktion gegen Artilleriebeschuss mit ausgedehnten Erdbefestigungen umgeben, die an der bergseitigen N-Front einen massiven Wallriegel mit 2 Bastionen und vorgelegtem Graben ausbilden. Der im W der Burg gelegene Teich, dessen heutiger Wasserspiegel den ehem. Burggraben überhöht, ist bereits auf Ansichten des 18. Jhs. zu sehen und kann mit einiger Sicherheit als ehem. Teil der Befestigung gewertet werden.

Baubeschreibung:

Die in ungewöhnlicher Niederungslage im Ortsverband situierte Burg bildet trotz massiver, wiederholter Umgestaltungen einen überaus malerisch wirkenden, vielfältig gestaffelten und gegliederten Baukörper.
Nach den Untersuchungen A. Klaars gliedert sich die Kernburg in einen oberen und unteren Burghof. Im kastellförmigen oberen Hof liegt der urspr. isolierte Bergfried, ein Rechteckturm von 10,20 x 9,10 m Grundfläche und 2,80 m Mauerstärke. Der urspr. erhaltene Turm war durch einen Hocheinstieg im W des 1. Obergeschoßes zu betreten, die Verbindung zum 2. Obergeschoß erfolgte durch Stiegenläufe in der Mauerstärke. Eine in diesem Verlauf sichtbare Türe in der W-Wand stellte vermutlich den Zugang zu einem umlaufenden, hölzernen Wehrgang her. Das Erdgeschoß war nur durch eine Bodenöffnung vom 1. Obergeschoß zugänglich, das primäre Gratgewölbe zeigt zahlreiche Reste der Schalbretter.
Makabre Berühmtheit besitzt die im 1. Obergeschoß erhaltene Folterkammer des 18. Jhs., die im Zuge der Führung durch das Museum für Rechtsgeschichte gezeigt wird.
Der durch die schräg laufende O-Front einige Unregelmäßigkeiten aufweisende, untere Burghof verbreitert sich gegenüber dem oberen Hof mit starken Aussprüngen der W- und O-Seite. An der W-Seite lässt ein vor den Bering gestellter Bau durch seine großen Mauerstärken älteren Ursprung vermuten, A. Klaar rechnet auch den an der SO-Ecke situierten ehem. Torturm zum Ursprungsbau des 13. Jhs.
Stark prägen die Bauteile des 16. Jhs., die ab 1521, nach der Erhebung zur Reichsfreiherrschaft, anzusetzen sind, das Gesamtbild. Dieser Zeit entstammen u. a. die 2-gesch. Säulenarkaden, die den unteren Hof 3-seitig umgeben und jüngst freigelegte, gut erhaltene Reste einer gemalten, vielfarbigen Renaissancedekoration mit ornamentalen und figuralen Motiven zeigen. Zentrum der Arkaden ist ein dem S-Trakt vorgestellter Treppenturm mit einer großzügig angelegten, qualitätsvollen Schneckenstiege.
Um 1530 kann einer der bedeutendsten Bauteile der Burg, das vorgelagerte Rondell datiert werden. Der heute restaurierte, 3-gesch. Rundbau mit abgeplatteter burgseitiger Front ist als repräsentativ-funktioneller Wehrbau (Barbakane) zu sehen, der in Anregung von Dürers Architektur- und Befestigungstheorien entstanden ist und für seine Zeit als modernstes, jedoch äußerst selten ausgeführtes Befestigungselement der frühen Neuzeit gelten kann. Die dem Außengrundriss angepasste, randständige Verbauung wird von 2 Zugängen (Richtung Markt bzw. Richtung Meierhof) mit zugbrückenbewehrten Mann- und Fahrtoren durchbrochen. Die 3 Geschoße sind mit einer Vielzahl von Stück- und Gewehrscharten durchsetzt. Der ornamentale Sgraffitoschmuck zeigt Ähnlichkeiten zu den Malereien des Arkadenganges und zu noch tlw. sichtbaren Resten an den Fassaden der Burg. Architekturelemente, wie Fenster und Türen, zeigen noch durchaus spätgot. Prägung.
Neben der Nutzung als Wohnung mehrerer Mietparteien wird die Burg seit dem Übergang an die MG Pöggstall vermehrt als kulturelles Objekt verwendet. Die Anlage wird im Inneren laufend adaptiert, dabei von jüngeren, verunklärenden Zubauten befreit, und als Museumsobjekt genutzt. Rondell, Bergfried und Arkadengang sind im Zuge dieser Restaurierungstätigkeiten jüngst restauriert worden. Eine Weiterführung der Arbeiten, die mglw. zur Aufdeckung weiterer Architekturelemente führen, der weitere Ausbau der Schauräume sowie eine vermehrte kulturell-touristische Nutzung ist für die nächsten Jahre zu erwarten. (G.R.)