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Hirschhorn

Geschichte:

Bei der auf einem Steilhang über dem Neckarufer gelegenen Burg Hirschhorn handelt es sich um die namengebende Stammburg der Herren von Hirschhorn, die im Spätmittelalter zu einer der führenden nichtlandesherrlichen Adelsfamilien des Neckarraumes aufstiegen. Nach der Burg benannte sich ab 1270 Johannes von Hirschhorn, der vermutlich aus der Ehe eines Herren von (Neckar-)Steinach und einer Dame aus dem Hause Hirschberg hervorging. Wann die Herren von Hirschhorn ins Neckartal gelangten, lässt sich nach bisherigem Kenntnisstand nicht sagen. Sie begleiteten das Erbtruchsessenamt am kurpfälzischen Hof zu Heidelberg und verfügten über umfangreichen Streubesitz am unteren Neckar, erwarben zeitweise den Pfandbesitz der Städte Mosbach, Sinsheim und Weißenburg (Elsaß) sowie die Burg Reinhausen mit dem damaligen Dorf Mannheim. Im 14. Jh. vollzog sich auch die Entwicklung des unterhalb der Burg Hirschhorn gelegenen Ortes zur Stadt, die 1404 mit einem Karmeliterkloster ausgestattet wurde. Die Burg Hirschhorn, die bis 1632 im Besitz der Familie verblieb, wurde 1318 erstmals erwähnt. Die Brüder Albrecht und Konrad gen. Rind von Hirschhorn versprachen dem Mainzer Erzbischof, ihm mit ihrer Burg Hirschhorn zu helfen. Die Formulierung beinhaltet nicht zwingend eine Rolle als Offenhaus für den Erzbischof. Die Lehnsherrschaft über die Burg wechselte erst 1364 von der Abtei Lorsch zum Mainzer Erzbistum. Nach dem Erlöschen der Familie im Mannesstamm 1632 wurden Burg und Stadt als heimgefallenes Lehen vom Erzstift Mainz eingezogen. Dieses verpfändete die Burg bis 1699 an Rudolf Raitz von Frentz und anschließend an die Herren voin der Recke. Ab 1700 saßen nur noch Mainzer Amtmänner im Wohnbau von 1586. Zu Beginn des 19. Jhs. wurde Hirschhorn dem Großherzogtum Hessen-Darmstadt zugeschlagen. Im Wohnbau saßen danach bis 1957 Forstbeamte. (Thomas Steinmetz / Jens Friedhoff / Stefan Eismann)

Bauentwicklung:

Die architektonische Gestalt der ursprünglichen Burg, die nach den bauhistorischen Ergebnissen kurz vor 1300 errichtet wurde, ist aufgrund der späteren Umbauten nur in groben Umrissen zu rekonstruieren. Sie bildete ein ungefähres Rechteck mit Seitenlängen von ca. 20 x 25 m. Erhalten sind hiervon noch die Schildmauer an der Bergseite sowie Reste des frühgotischen Wohnbaues an der Neckarseite. Zum Gründungsbestand gehört vermutlich auch die innere Zwingermauer im Norden. Ob die Burg tatsächlich in ihrer ersten Bauphase einen Bergfried besaß, ist ungeklärt. Der heutige schlanke Turm wird erst ins 14. Jahrhundert gehören. 1345 wurde die Kapelle gestiftet und in einem Anbau an den Palas eingerichtet, der im Erdgeschoss das Archiv beherbergte. Im selben Zug wurden der Palas und streckenweise die Ringmauer erhöht. Um die Mitte des 14. Jhs. wurden die nördliche und östliche Mauer des äußeren Zwingers errichtet sowie ein Eckturm im Nordosten, in dem Buckelquader verbaut wurden. In der 2. Hälfte des 14. Jhs. wurden weitere Baumaßnahmen an den Zwingermauern durchgeführt. Die Ringmauer der oberen Vorburg aus der Mitte des 14. Jhs. ist zusammen mit dem Gefängnisturm im Westen Anfang des 15. Jhs. für den Gebrauch von Feuerwaffen und dem Standhalten von Artilleriebeschuss ausgebaut worden. Die untere Vorburg aus der Zeit um 1400 erhielt erst im 16. Jh. auf der Stadtseite eine Befestigungsmauer. Hier haben sich Wirtschaftsgebäude aus dem 16./17. Jh. erhalten.
Aufgrund der Enge der Kernburg wurde um 1586 an deren Flussseite bzw. an den gotischen Wohnbau ein hoch aufragendes Renaissancegebäude angebaut. Initiatoren der Baumaßnahmen waren Ludwig von Hirschhorn und seine Gattin Maria von Hatzfeldt, die nach dem Ableben ihres Gatten den Renaissancebau (sog. Hatzfeldtbau) vollendete. Zu Beginn des 17. Jhs. wurde er nach Norden erweitert. Um 1600 wurde auch das dem alten Palas gegenüberliegende Gebäude, das sogenannte Sommerhaus, tiefgreifend umgestaltet und ein Torturm errichtet. Zudem erhielt der Bergfried sein heutiges steinernes Obergeschoss und auf der Neckarseite wurden Gartenterrassen angelegt. Während der Pfandschaft im 17. Jh. wurde die Burg baulich stark vernachlässigt; als Folge davon mussten um 1700 baufällige Gebäude wie der Torturm, das Sommerhaus und einige Wirtschaftsgebäude abgerissen werden. 1815 wurden zur Verringerung der Unterhaltskosten der gotische Wohnbau und der Torturm der Kernburg niedergelegt. 1884/86 wurden erste Instandsetzungsmaßnahmen durchgeführt Ab 1959 wurde die Burg zum Schlosshotel ausgebaut. Hierbei wurde an den Hatzfelder Bau als eigener Baukörper eine gemauerte Terrasse angebaut, später der ruinöse Marstall in der unteren Vorburg zwecks Nutzung als Bettenhaus wieder überdacht. (Thomas Steinmetz / Stefan Eismann)

Baubeschreibung:

Burg Hirschhorn liegt auf einer Terrasse eines nach Süden abfallenden, gratartigen Sporns. Sie hat ihre in Jahrhunderten gewachsene Gestalt weitgehend erhalten können. Sie wird durch einen 16 m tiefen Halsgraben gegen das Hinterland gesichert, der heute zum Parkplatz umfunktioniert ist. Unter diesem liegen verschüttet die Reste der äußersten Zwingermauer. Es folgen die äußere und die innere Zwingermauer mit Buckelquadern, an deren Westende ein Bollwerk nach Norden ausgreift. Dahinter verläuft die 20 m hohe und über 2 m starke Schildmauer, an deren Westende der jüngere, 26 m hohe Bergfried („Hexenturm“) mit einer Mauerstärke von nur max. 1,30 m steht.
Die Silhouette der Kernburg wird dominiert durch den hoch aufragenden Hatzfeldt-Bau, der ab 1596 an den nur als Ruine erhaltenen gotischen Wohnbau angebaut wurde. In den 1980er Jahren wurde die Farbgebung des Gebäudes nach Originalbefunden erneuert. Die Gebäudereste unter dem Schleppdach des Hatzfelder Baues umfassen neben dem Wohnbau auch die des inneren Torturms, der im ersten Stock die Burgkapelle mit mittelalterlicher Ausmalung integriert. Die Nordseite der Kernburg wird durch die Fundamente des sogenannten „Sommerhauses“ und des ursprünglichen Bergfrieds von 8 m Seitenlänge eingenommen.
Weitaus größere Grundfläche als die Kernburg nehmen die beiden Vorburgen ein, die ungewöhnlicherweise durch gleich zwei Tore zugänglich sind. (Thomas Steinmetz / Stefan Eismann)

Arch-Untersuchung/Funde:

Ab 1929 wurden Reste des ursprünglichen Zugangs zur Kernburg freigelegt und sichtbar belassen.