EBIDAT - Die Burgendatenbank

Eine Initiative der Deutschen Burgenvereinigung Menu

Braunfels

Geschichte:

Die in der Literatur gelegentlich auch als "hessisches Neuschwanstein" bezeichnete imposante Burganlage gilt als Stammsitz einer sich nach der Burg benennenden Hauptlinie des 1129 erstmals mit Marquard urkundlich in Erscheinung tretenden Grafen von Solms. Den Grafentitel erlangte die Dynastenfamilie durch die Heirat Marquards I. mit der Tochter des Grafen Otto von Gleiberg (gest. 1197). 1226 spaltete sich von der Hauptlinie, der Graf Heinrich I. von Solms vorstand, ein Familienzweig ab, als dessen Stifter Heinrichs Bruder Marquard II. gilt. Diese Linie benannte sich nach der am Nordrand des Gießener Beckens gelegenen Burg Königsberg. Die Söhne Heinrichs I., Heinrich II. und Marquard III., nahmen in der nachfolgenden Generation vor 1271 eine weitere Teilung des Besitzes vor. Marquard III. (1255-71) begründete den Burgsolmser und Heinrich III. (1255-82) den Braunfelser Zweig des Hauses Solms. Am Mittellauf der Lahn und im Dillgebiet gelang den Grafen von Solms-Burgsolms und Solms-Braunfels der Erwerb von umfangreichen Besitzungen und Rechten, die sie zu kleinen Territorien verdichten konnten. Insbesondere das 14. Jahrhundert war durch zahlreiche Auseinandersetzungen der Grafen von Solms mit anderen Territorialgewalten des Lahngebietes und insbesondere mit der Reichsstadt Wetzlar geprägt. In der Wetterau gelangten nach dem Aussterben der Herren von Falkenstein 1418/19 Laubach, Hungen und Lich an die Grafen von Solms, und im Westerwaldgebiet fiel auf dem Erbweg die zuvor in der Verfügungsgewalt der Burgsolmser Linie befindliche Burg Greifenstein an Solms-Braunfels. Wilhelm Moritz aus dem Greifensteiner Familienzweig des Hauses Solms gelang es durch das Erlöschen der 1602 entstandenen Linien zu Braunfels (1693) und Hungen (1679) die Braunfelser Hauptlinie wieder zusammenzuführen. In der nächsten Generation stieg das Haus Solms-Braunfels 1742 in den Reichsfürstenstand auf. 1806 wurde das kleine Territorium mediatisiert und dem Herzogtum Nassau zugeschlagen, ehe es 1815 zusammen mit Wetzlar der preußischen Rheinprovinz einverleibt wurde. Das im 19. Jahrhundert mehrfach baulich veränderte Schloss Braunfels befindet sich heute im Besitz des Grafen Oppersdorff. (J.F. )

Bauentwicklung:

Die recht komplexe bauliche Entwicklung der weitläufigen Burganlage ist bislang erst unzureichend erforscht worden. Zum ältesten Baubestand der Höhenburg des 13. Jahrhunderts gehört der nördliche Teil der Hauptburg mit Friedrichsturm, Palas und "Altem Stock" bzw. Fahnenturm. Der Sockel des Fahnenturms datiert in das 13. Jahrhundert und wurde im Spätmittelalter aufgestockt. Eine weitere Erhöhung des Turmes erfolgte im 19. Jahrhundert. Bei dem weiter westlich gelegenen Gebäude mit der Durchfahrt zum sog. Kanonenplatz dürfte es sich um einen spätmittelalterlichen Baukörper handeln. Den Zugang zum großen Hof gewährt das im 15. Jahrhundert entstandene, nach seinem Bauherrn Graf Otto II. von Solms-Burgsolms als "Ottonischer Bau" bezeichnete Haus im Süden der Kernburg. Der "Lange Bau" datiert in das Jahr 1667, während es sich bei den übrigen Bauten im Bereich des großen Hofes um späthistoristische Neuschöpfungen des ausgehenden 19. Jahrhunderts handelt. Hierzu gehören auch der die Silhouette der Burg prägende Hauptturm (1884) sowie der Georgsturm (1881). Im Bereich des Vorhofes befinden sich vornehmlich spätgotische Bauten, wie z. B. die über dem Tor gelegene Schlosskirche (Ende 15. Jh.). Von den mehrfach baulich veränderten Zwingeranlagen des 14. bis 16. Jahrhunderts haben sich größere Partien erhalten. Entscheidende Impulse für die baulichen Umgestaltungen gingen von den Zerstörungen im Dreißigjährigen Krieg und 1679 aus. Ein geplanter barocker Neubau wurde nicht realisiert. Im 19. Jahrhundert erfolgten gleich zwei maßgebliche Umbauten und Erweiterungen der Anlage: 1845 wurde Schloss Braunfels im neugotischen Stil umgebaut und schließlich 1881-85 nach Plänen des Hannoverschen Baurats Edwin Oppler und seines Mitarbeiters Ferdinand Schorbach im Stil des Historismus stark überformt. (J. F.)

Baubeschreibung:

Bei dem auf dem Gipfel einer Basaltkuppe gelegenen Schloss Braunfels handelt es sich um einen vielgestaltigen, aus Vor- und Hauptburg bestehenden Bau, dessen mittelalterliche Grundrissgestalt aufgrund der tiefgreifenden baulichen Veränderungen in nachmittelalterlicher Zeit nicht mehr konkret feststellbar ist. Nordöstlich ist der Burg die befestigte Talsiedlung vorgelagert. Vom Marktplatz aus passiert der Besucher des Schlosses zwei hintereinander gelegene Torbauten der Ortsbefestigung und gelangt auf dem leicht ansteigenden Burgweg zur äußeren Toranlage mit Fallgatter und der über dem Torweg gelegenen spätgotischen Schlosskirche, die sich durch ihre reiche Innenausstattung auszeichnet. Den Zugang zur Kernburg ermöglicht eine weitere Tordurchfahrt. Der Innenhof mit dem neuen 1884 aufgeführten Bergfried wird auf drei Seiten von Wohnbauten unterschiedlicher Zeitstellung flankiert. Der markante neue Bergfried besteht aus einem quadratischen Unterbau und einem oktogonalen Aufsatzturm mit vorkragendem Obergeschoss. An dem Übergang vom Unterbau zum Aufsatzturm wurde ein Wehrgeschoss mit vier vorkragenden runden Eckwarten konzipiert. An der Nordostseite des Hofes liegt der Fahnenturm, der in seinen unteren Partien noch hochmittelalteriches Mauerwerk aufweist. Vermutlich handelt es sich um einen Wohnturm. Der vor 1646 entstandene Kupferstich von M. Merian zeigt die Anlage vor der Brandzerstörung von 1679. Eindeutig erkennbar ist ein hochaufragender Rundturm mit oktogonalem Obergeschoss. Unklar ist, ob es sich um den mittelalterlichen Hauptturm der Burg handelt, an dessen Stelle Ende des 19. Jahrhunderts der neue Bergfried trat. Südöstlich der Kernburg haben sich beeindruckende Reste einer zum Teil mit Flankentürmen bewehrten Zwingeranlage erhalten. Die Innenräume des Schlosses sind im Rahmen von Führungen zu besichtigen. (J.F.)