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Paffendorf

Geschichte:

Bei der Herrschaft Paffendorf handelt es sich um ein pfalzgräfliches Lehen, das sich in der Verfügungsgewalt der Grafen bzw. späteren Herzöge von Jülich befand. Der Ort Paffendorf wird erstmals 980 erwähnt. Die noch erhaltene imposante Schlossanlage am Rande des Ortes in unmittelbarer Nachbarschaft zur Pfarrkirche St. Pankratius gelegen, geht auf einen spätmittelalterlichen Adelssitz zurück, von dem in den Schriftquellen erstmals 1432 als "Haus und Hof" die Rede ist.
Ein deutlich früherer Datierungsansatz ergibt sich aus den Funden und Befunden, die im Rahmen einer archäologischen Untersuchung des Vorburgbereichs 1998 zu Tage kamen. Das in der Vorburg geborgene Fundmaterial datierte ins ausgehende Hochmittelalter. Eine bauhistorische Untersuchung der Hauptburg ergab, dass Indizien, die für eine Entstehung des Gebäudes vor 1300 sprechen, bislang fehlen.
1482 wird das "Haus" bzw. "Schloss" Paffendorf in den Schriftquellen erwähnt. Im Besitz des Hauses Paffendorf folgten den Herren von Gymnich die Herzöge von Brabant, die Grafen von Neuenahr und ab dem 16. Jahrhundert schließlich die Herren von dem Bongart. Die Familie von dem Bongart, erstmals im 13. Jahrhundert erwähnt und von der gleichnamigen abgegangenen Wasserburg bei Langerwehe und nicht - wie in der Literatur noch verschiedentlich zu lesen - aus der Nähe von Simpelfeld in der niederländischen Provinz Limburg stammend - bekleidete seit der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts das Amt des Erbkämmerers bei den Grafen bzw. Herzögen von Jülich. Zeitweise auf Haus Heyden bei Aachen sowie auf Bergerhausen bei Kerpen ansässig, gehörte die Familie ab dem 16. Jahrhundert zu den bedeutenden rheinischen Adelsfamilien. Durch die Eheschließung des Wilhelm von dem Bongart mit Maria von Maschereil 1516 gelangten 1531 die Herrschaften und Schlösser Paffendorf und Wijnandsrade (NL Provinz Limburg) an die von dem Bongart. Schloss Paffendorf wurde zum Sitz einer eigenständigen Linie der von dem Bongart. Um ein Aussterben der von dem Bongart zu verhindern, bestimmte der letzte männliche Sproß der Familie, Ludwig (1819-1877), verheiratet mit Melanie Gräfin von Walderdorff, den Neffen seiner Gattin, Pius aus dem Hause Walderdorff zu seinem Erben unter Maßgabe der Übernahme des Namens von dem Bongart sowie des Famlienwappens. Schloss Paffendorf verblieb bis 1958 im Besitz der heute noch blühenden Adelsfamlie. Marietta Freifrau von dem Bongart veräußerte das Schloss an die Rhein-Braunkohlenwerke AG (heute RWE). Seit 1967 beherbergt die in den 1890er Jahren historisierend umgestaltete imposante Schlossanlage das Informationszentrum sowie das Archiv der RWE. (J. Friedhoff)

Bauentwicklung:

Die bauliche Entwicklung des Schlosses Paffendorf bedarf noch einer eingehenden Untersuchung. Über die Anfänge des Hauses, die bis in die erste Hälfte des 15. Jahrhunderts zurückreichen, ist bislang nur wenig bekannt. Keramik und Baubefunde im Bereich der Vorburg sprechen für eine erste Besiedlung im Hochmittelalter. Die bauhistorische Untersuchung der Hauptburg ergab, dass diese Gebäudegruppe nicht vor 1300 entstanden ist. Das heutige Erscheinungsbild der Hauptburg wird im Wesentlichen durch die bauliche Umgestaltung 1861 bis 1865 im Stil der Neugotik bestimmt. Als Architekt betrauten Ludwig von dem Bongart und seine Gattin Melanie von Walderdorff den aus Kassel stammenden und in Köln tätigen Architekt August Carl Lange, der nach seiner Tätigkeit für die von dem Bongart auch für andere rheinische Adelsfamilien tätig war. Unter weitgehender Beibehaltung des Vorgängerbaus - es handelte sich um eine im zweiten Viertel des 16. Jahrhunderts von Wilhelm von dem Bongart um- und ausgebaute mehrflügelige Wasserburg (1531-1546) - entstand ein herausragendes Zeugnis der rheinischen Adelsarchitektur des 19. Jahrhunderts. Zuverlässige Ansichten des Schlosses in der ersten Häflte des 18. Jahrhunderts bieten eine Bleistiftzeichnung des Wallonen Renier Roidkin sowie ein Ölgemälde, dass sowohl das Schloss als auch den ehemaligen barocken Park zeigt. Die Gebäude der weitläufigen Vorburg, bestehend aus einer den Hof umschließenden Dreiflügelanlage mit zwei quadratischen Ecktürmen sowie zwei Torhäusern, datieren in ihrer jetzigen Form ins 18. Jahrhundert. Eisenanker in der Fassade verweisen auf bauliche Aktivitäten 1745 und 1753. Die beiden Torhäuser wurden in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts neugotisch umgestaltet, wobei der Umbau des zum Park führenden Tores um 1880 erfolgte. Die Dächer der Vorburg wurden in den 1930er Jahren durch einen Brand zerstört und wiederaufgebaut. Die Innenausstattung des Herrenhauses erlitt 1944/45 infolge der Einquartierung von deutschen Soldaten erhebliche Schäden. (J. Friedhoff)

Baubeschreibung:

Schloss Paffendorf, am Rande des gleichnamigen Ortes in unmittelbarer Nachbarschaft zur Pfarrkirche St. Pankratius gelegen, präsentiert sich dem Besucher als zweiteilige, aus Vor- und Hauptburg bestehende Wasserburg. Das unmittelbar aus dem Wassergraben aufsteigende Hauptgebäude besteht aus drei unregelmäßigen Gebäudetrakten, die sich um einen engen Innenhof gruppieren. Nach Nordwesten schließt sich die von der Hauptburg durch einen Graben getrennte großzügige Vorburg, eine zum Hof hin offene Dreiflügelanlage, an. Feldseitig weist die Vorburg zwei viereckige Türme an der Nordwestseite auf. An den Ostenden der Seitenflügel befinden sich zwei neugotische Torbauten. Nördlich und östlich erstreckte sich ein weitläufiger englischer Landschaftspark, der an die Stelle eines prächtigen, lediglich durch ein Ölgemälde überlieferten barocken Gartens trat. Die aus Backstein aufgeführten Gebäude der Hauptburg wurden 1531-1546 errichtet. Nach bisherigem Forschungsstand ist nicht zu entscheiden, ob man im 16. Jahrhundert auf das Mauerwerk älterer Bauten zurückgriff oder ob es sich um einen vollständigen Neubau handelt. Die 42 m lange Fassade zum Garten hin wurde 1861-1865 von August Carl Lange als Schaufront mit einer auf Spitzbögen ruhenden Terrasse mit Maßwerkbrüstung versehen. Zwischen Konsolfriesen erscheinen auf dem Dach drei Zwerchhäuser, von denen das mittlere das Wappen von dem Bongart mit der Inschrift "Ludovicus liber baro de Bongart renovavit Anno 1861-1865" trägt. Die rechteckigen Fenster wurden mit gotisierenden Maßwerkstürzen aus Haustein versehen. Der Innenhoffassade legte Lange einen sechsbogigen Altan mit Maßwerkbrüstung vor. Darüber wurden Nischenfiguren mit den Namenspatronen der Familie von dem Bongart platziert. Am Westflügel verweist im Obergeschoss eine Tafel aus Rotsandstein mit den Wappen Bongart, Maschereil, Erckenthiel, Schönrath auf die Errichtung des Schlosses durch Wilhelm von dem Bongart und den Abschluss der Arbeiten 1546. Die beiden Rundtürme der Hauptburg erhielten im 19. Jahrhundert Zinnenkränze auf Spitzbogenfries, wobei am Nordwestturm die Kragsteine z. T. noch von freistehenden Säulen gestützt werden. (J. Friedhoff)

Arch-Untersuchung/Funde:

1998 archäologische Untersuchung in Teilbereichen der Vorburg. Es kamen Funde und Befunde zutage, die eine Datierung dieses Areals in das Hochmittelalter nahelegen. In erster Linie stieß man auf Keramikfragmente der Warengruppen Pingsdorfer Ware und Blaugraue Kugeltopfware sowie Faststeinzeug (11.-13. Jh.). (Jens Friedhoff)