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Hinterglauchau

Geschichte:

Die durch die urkundliche Überlieferung gesicherte Geschichte des Schlosses Hinterglauchau, das mit Schloss Forderglauchau seit dem 16. Jahrhundert ein Ensemble bildet, reichen bis in das zweite Viertel des 13. Jahrhunderts zurück. Vermutlich ist jedoch die Gründung der Burg Glauchau (die Bezeichnung Hinterglauchau ist erst zur Unterscheidung von Forderglauchau in nachmittelalterlicher Zeit üblich) im Zuge der Kolonisation sowie des Ausbaus des Reichslandes Pleißen in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts erfolgt. Es handelt sich um den ersten bedeutenden Herrschaftsmittelpunkt der Herren von Schönburg, die mit ziemlicher Sicherheit der Reichsministerialität der Hohenstaufen zuzurechnen sind.
Als Stammherr der Familie gilt Ulrich von Schönburg (Ulricus de Schunenberg), der 1130 erstmals nachweisbar ist. Eine sichere Stammreihe beginnt erst mit Hermann von Schönburg, der in den Schriftquellen von 1212 bis 1224 erscheint. Die Herren von Schönburg bestimmten im Spätmittelalter und in der Frühen Neuzeit die Geschichte des südwestsächsischen Raumes. Zu dem recht umfangreichen Besitz des Geschlechts gehörten Glauchau (seit 1256), Lichtenstein (seit 1286), Waldenburg (seit 1378), die Grafschaft Hartenstein (seit 1406). Später vermehrte die Familie ihre Besitzungen um die Herrschaften Penig und Wechselburg (seit 1543) und Rochsburg (1548). Zeitweise hatten die Güter einen Umfang von 16 Quadratmeilen. Zu dem Streubesitz gehörten u. a. 14 Städte und etwa 60.000 Untertanen. Die Schönburger zählten zu den Reichsständen des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation und zu den Landständen der sächischen Kurfürsten und der Könige von Böhmen. Am 7. August 1700 wurde das Gesamthaus Schönburg in den Reichsgrafenstand erhoben und 1790 folgte schließlich der Aufstieg in den Fürstenstand.
Burg Glauchau bildete die Keimzelle der gleichnamigen Stadt und war Ausgangspunkt für die Kolonisation der Herrschaften Glauchau, Lichtenstein und Geringswalde. Die planmäßige Oberstadt mit rechteckigem Marktplatz entstand bereits im 13. Jahrhundert. Mit der Erwähnung des Heinricus de Gluchowe im Jahr 1240 verfügen wir über einen indirekten Hinweis auf die Existenz der Burg. 1256 urkundete Friedrich von Schönburg auf der Burg Glauchau. Als Zeugen werden verschiedene Burgmannen aufgeführt. 1335 schlossen Mechthild und Friedrich von Schönburg ein Bündnis mit dem Markgrafen Friedrich dem Ernsthaften, dem sie ihre Burg Glauchau als Offenhaus zur Verfügung stellten. Die Kapelle der Burg Hinterglauchau wird 1489 erwähnt. An der Wende vom 15. zum 16. Jahrhundert erfolgte eine Trennung der ehemaligen Vorburg von dem Schloss Hinterglauchau durch die Anlage des Hirschgrabens. Zwischen 1527 und 1534 entstand schließlich Schloss Forderglauchau als eigenständige Burg- bzw. Schlossanlage. Schloss Glauchau bildete seit dem Spätmittelalter einen der Herrschaftsmittelpunkte der Familie von Schönburg. Durch Erbteilung entstanden 1556 die Linien Schönburg-Glauchau, Remse, Penig, Rochsburg und Wechselburg. Die Söhne Wolfgangs III. (1556-1612) begründeten die Zweige Penig-Rochsburg (später Forderglauchau) und Wechselburg (später Hinterglauchau). Als letztes Mitglied des gräflichen Hauses Schönburg-Hinterglauchau bewohnte Graf Richard Clemens (1829-1900) Schloss Hinterglauchau. Schloss und Herrschaft Hinterglauchau gelangten 1900 an die Linie Schönburg-Forderglauchau, die ihren Hauptwohnsitz in Wechselburg hatte. Das Schloss wurde ab 1940 als Museum genutzt. Im Zuge der Bodenreform verlor die Familie von Schönburg die Schlösser Wechselburg, Rochsburg und Glauchau. Das Museum wurde nach dem Zweiten Weltkrieg 1950 wieder eröffnet. (Jens Friedhoff)

Bauentwicklung:

Das heutige Erscheinungsbild des Schlosses Hinterglauchau wird im Wesentlichen durch die tiefgreifenden Umbaumaßnahmen des ausgehenden 15. Jahrhunderts sowie die Umgestaltung im Stil der frühen Renaissance ab 1527 geprägt. Ungeachtet dessen weist Schloss Hinterglauchau noch Reste der mittelalterlichen Bausubstanz auf. Deutlich zu unterscheiden sind vier Bauphasen: Zwischen 1470 und 1485 initiierte Ernst I. von Schönburg eine Umgestaltung der Anlage. Die Baumaßnahmen konzentrierten sich u. a. auf den Ostflügel sowie die Einrichtung eines repräsentativen Westturms und des Treppenturms zwischen Ost- und Südflügel. Eine zweite Bauphase datiert in die Jahre 1527 bis 1534. In diesem Zeitraum wurden wesentliche Veränderungen an dem Nordflügel vorgenommen. Als ausführender Baumeister kommt Andreas Günther in Betracht. Nord- und Südflügel wurden nach Osten verlängert. Ferner entstand ein Zwischenbau zu dem östlich vorgelagerten Schloss Forderglauchau.
Unter Albert Christian Ernst von Schönburg erfolgten 1752 und 1764/65 weitere bauliche Eingriffe, die sich auf den Nordlügel und den Westturm erstreckten. Es erfolgten Teilabbrüche und ein Wiederaufbau in spätbarocken Formen. Mitte der 1860er Jahre fanden letztmalig größere Umbaumaßnahmen statt. Der Nordflügel wurde im Stil der englischen Tudorgotik überformt. Die im Kern spätgotische Schlosskapelle wurde umfassend restauriert. Umfangreiche Sanierungsmaßnahmen erfolgten in den Jahren 1987 bis 1991. (Jens Friedhoff)

Baubeschreibung:

Zusammen mit dem benachbarten Schloss Forderglauchau bildet Schloss Hinterglauchau einen imposanten umfangreichen Baukomplex, dessen architektonischer Formenreichtum vor allem auf die Umgestaltung im Stil der frühen Renaissance zurückgeht. Schloss Hinterglauchau ging eine mehrgliedrige in Spornlage aufgeführt Burg voraus, von der jedoch nur noch an verschiedenen Stellen Baureste eindeutig erkennbar sind. Wesentliche Bauteile aus dem Mittelalter weisen der Nord- und Südflügel auf. Im Zuge des Ausbaus zu einem Schloss wurden die Gebäude über die ursprüngliche Umfassungsmauer zum Steilhang hinaus verschoben. Unklar ist, ob der Ostflügel aus dem eigentlichen Wohnbau der mittelalterlichen Burg hervorgegangen ist. Es handelt sich um einen dreigeschossigen Backsteinbau mit hochem Satteldach, einem großen Zwerchhaus an der Ostseite, Volutengiebeln und zwei Blendgiebeln. Vor die Fassade springt ein turmartiger Anbau vor, der im Erdgeschoss einen halbrunden Grundriss aufweist und in der Literatur als Rest einer spätromanischen Apsis gedeutet wird. Darüber geht der turmartige Anbau in eine polygonale Form über. Die Schlosskapelle St. Martin ist in den Schriftquellen erstmals 1489 nachweisbar. 1585 wurde der Sakralraum als Kapelle aufgegeben. Ende des 18. Jahrhunderts befand sich dort ein Archivraum. 1883 erfolgte die Restaurierung und Erneuerung der Kapelle und eine erneute Ausstattung. Es handelt sich um einen einschiffigen, mit zwei Kreuzrippengewölben versehenen Raum von zwei Jochen. Auf der Westseite befindet sich die Empore. Im obersten Stockwerk des Hauptgebäudes fand der repräsentative Festsaal Platz, der sich durch große Korbbogenfenster, einen Kamin und eine Holzbalkendecke auszeichnet. Der Kamin zeigt die Wappen Schönburg und Rieneck. Der vorgelagerte kleine Saal wurde 1710/20 unterteilt. Bei dem Nordflügel handelt es sich um einen Putzbau mit Rechteckfenstern. Von besonderer Bedeutung ist der repräsentative Ostgiebel, der nach Beschädigungen im Zweiten Weltkrieg 1953/54 in vereinfachten Formen wiederhergestellt wurde. Die Ausstattung der Räume datiert z. T. in die Mitte der 1880er Jahre. Der Südflügel wurde 1864/65 aufgeführt und mit dem Ostflügel durch den in der Renaissancezeit veränderten, jedoch im Kern spätgotischen polygonalen Treppenturm verbunden. In dem Südtrakt befanden sich die Wohnräume der Bediensteten und Wirtschaftsräume. Zum Ensemble des Schlosses gehört der Schlosspark, der am Ende des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts in einen Landschaftsgarten umgewandelt wurde. (Jens Friedhoff)