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Kirchhain, Burg

Geschichte:

Die am nördlichen Rand der Ohmniederung am Zusammenfluss von Wohra, Ohm und Klein gelegene Stadt ging aus einer königlichen Rodungssiedlung hervor, deren erste urkundliche Nennung unter dem Namen "Werplohen" von 1145 stammt. Erst ab 1238 ist dann der Name Kirchhain gebräuchlich. Als urkundliche Bezeichnungen für die Siedlung finden sich 1146 "novale" (für die Neurodung), 1244 "villa", 1307 "locus", 1352 "oppidum" und 1353 "stat".
Um 1344 ließ Landgraf Heinrich II. von Hessen am Nordostrand der Kirchhofringmauer eine gegen die nahegelegene mainzische Amöneburg - diese liegt in Luftlinie ca. 3 km in südlicher Richtung entfernt - gerichtete Burg erbauen. 1345/46 ist in einer Urkunde ein "burglich buwe" in Kirchhain genannt, 1353 ein "Burgmann". Unterhalb des Kirch- bzw. Burgberges entstand vor 1352 die planmäßig angelegte Stadt, die mit Wall und Graben befestigt war und anscheinend in einem unregelmäßigen Dreieck um den Berg erbaut wurde. Mit dem Bau der Burg und dem planmäßigen Ausbau der Stadt schuf der Landgraf einen weiteren wichtigen Stützpunkt im Rahmen seiner Territorialpolitik. Zwar übte der Deutsche Orden - dieser Ritterorden besaß in Marburg eine bedeutende Kommende - hier seit dem 2. Viertel des 13. Jh. als Inhaber der Vogtei ("advocatia ville") Hoheitsrechte aus; 1244 hatten die von Merlau dem Orden ihre vom Reich lehnbare Vogtei verkauft. Die Landgrafen von Hessen hingegen waren wahrscheinlich schon vor 1234 Stiftsvögte des Kirchhainer Besitzes der Abtei Hersfeld.
Nach einem Ausgleich mit dem Erzbischof von Mainz 1354 trug Landgraf Heinrich II. jenem Burg und Stadt Kirchhain formell zu Lehen auf, die Landgrafen blieben damit aber als Lehnshalter Gerichtsherren. 1396 werden urkundlich "burgmann, bürgermeister, scheffen, rad und burgere" genannt. Burgmannen aus dem Niederadel der Region waren meist mit dem Burggut betraut.
Der südwestlich am Fuß des Berges gelegene, sich bis zur Wohra erstreckende Deutsch-Ordensbezirk wurde dann in den jüngeren, viel weitläufigeren, wohl um 1370 fertiggestellten Stadtmauerbering (mit 26 Türmen) einbezogen. Die drei durch die Stadt führenden Fernstraßen trafen auf dem dreieckigen, ursprünglich größeren Marktplatz zusammen. Offenbar wurden die Messestraße von Köln nach Leipzig sowie die alte Landstraße durch die nördlichen "Langen Hessen", die zuvor über die Brücker Mühle bei Amöneburg und Niederklein in Richtung Alsfeld bzw. Treysa führte, im Kontext der Stadtgründung von Kirchhain, spätestens jedoch 1431, verlegt und über Kirchhain geführt ("Straßen-Zwang"), womit der Stadt und der dortigen Burg eine noch größere Bedeutung zukam.
Unter den Einwohnern Kirchhains gab es 1577 "251 hausgesessene, darunter 6 Burggeseß"; mehrere Burgmannensitze ("Burgsitze") blieben in der Stadt erhalten.
Zu einer Brandzerstörung großer Teile der Stadt kam es 1412 infolge des Überfalls des Amöneburger Amtmanns Graf Heinrich von Waldeck. Im 30-jährigen Krieg, der Kirchhain schwer traf, wurde die Burg zerstört; 1646/47 lag sie in Ruinen. Um 1520 war im Norden der Stadt die Neue Burg (Amtshof) entstanden, die ebenfalls in jenem Krieg zerstört wurde. (Michael Losse)

Bauentwicklung:

Um 1344 gründete Landgraf Heinrich II. von Hessen dann die Burg am Nordostrand der Kirchhofringmauer als fast quadratische Anlage (ca. 18,5 m x 20 m), von der im Unterbau der 1830/31 erbauten Volksschule (später Gemeindesaal der Kirche) Teile erhalten blieben.
Wie weitgehend die Zerstörung der Burg im Rahmen der Brandzerstörung großer Teile der Stadt 1412 beim Überfall des Amöneburger Amtmanns Graf Heinrich von Waldeck auf Kirchhain war, ist nicht bekannt. Im 30-jährigen Krieg wurde die Burg zerstört; 1646 lag sie in Ruinen. Offenbar war der Kirchberg, an dessen Ringmauer die Burg anschließt, mit einer Wehrmauer gesichert. Iin der Region sind spätmittelalterliche Kirchhofbefestigungen des 15. Jh. recht weit verbreitet.
Schon um 1520 war im Norden der Stadt (Flur 27) die Neue Burg (auch Amtshof genannt) entstanden, die im 30-jährigen Krieg zerstört wurde.
(Michael Losse)

Baubeschreibung:

Die Altstadt umfasst mit ihrem in größeren Teilen erhaltenen spätmittelalterlichen ovalem Mauerbering mit Flankierungstürmen die um 20 m die umgebende Niederung überhöhende Basaltkuppe, an deren höchster Stelle die evangelische Stadtkirche (ehemals St. Cyriakus) steht, umgeben von der Ringmauer des Kirchhofes. Östlich der Kirche stand die Burg anstelle des um 1830 erbauten, seit 1904 als Rektoratsschule und heute als Gemeindesaal der Kirche genutzten Hauses (Hinterm Kirchhof 39). Sie wurde um 1344 von Landgraf Heinrich II. von Hessen am Nordostrand der Kirchhofringmauer erbaut und setzte sich „nach sehr formelhafter und unglaubwürdiger zeitgenössischer Überlieferung aus gemauerten Kemnaten, Bergfried, Erker, Planken, Graben und Zugbrücke“ zusammen (s. Ortslexikon). Die Grundmauer der annähernd quadratischen Burg (ca. 18,5 m x 20 m) ist erhalten. Reste des Wohnturmes der Burg sind im unteren Teil des heutigen Gemeindesaales noch vorhanden.
Von den Befestigungen des Kirchberges aus dem 30-jährigen Krieg, die sicher auch die Burg einbezogen, ist nichts erkennbar erhalten.
(Michael Losse)