EBIDAT - Die Burgendatenbank

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Plüschow

Geschichte:

Die durch Schriftquellen gesicherten Anfänge des Adelssitzes zu Plüschow reichen bis in das zweite Viertel des 13. Jahrhunderts zurück. Der Ort selbst, der zum Kirchspielbezirk Pleiskow gehörte, wird in einer mittelalterlichen Urkunde als Plocekowe bezeichnet und erscheint 1230 im Ratzeburger Zehntregister. Das sich nach dem Ort benennende Adelsgeschlecht von Plocekowe ist in den Schriftquellen mit dem Familienangehörigen Leverus, der sich von 1230 bis 1257 nachweisen lässt, zu fassen. In das 13. Jahrhundert datiert auch die vollständig abgegangene mittelalterliche Burg, deren Standort nicht mit dem des barocken Gutsbetriebs identisch ist. Das ursprünglich von einem See umgebene Burgareal umfasst eine Fläche von etwa 1,5 Hektar. Informationen zur Baugestalt der Anlage können lediglich im Zuge archäologischer Untersuchungen gewonnen werden. In der Kirche von Ankershagen hat sich lediglich eine schematische Strichzeichnung erhalten, die vage den mittelalterlichen Baubestand wiedergibt und einen turmartigen Bau zeigt: Über einem massiven Unterbau erhebt sich ein vorkragendes Fachwerkobergeschoss mit einem Satteldach. Vertreter der niederadeligen Familie von Plüschow sind noch zu Beginn des 14. Jahrhunderts nachweisbar. Spätestens 1335 war Burg Plüschow mit Zubehör an die Adelsfamilie von Bülow gelangt, die für mehr als 400 Jahre die Geschichte des Ortes bestimmen sollte. Zu den herausragenden Persönlichkeiten des angesehenen Geschlechts zählte Heinrich XII. von Bülow, der 1349 als Rat Herzog Albrechts von Mecklenburg bezeichnet wird und als Pfandherr Güter zu Wittenburg, hagenau, Stadt und Vogtei Grevesmühlen sowie die Burg Plau innehatte. Vier Vertreter des Hauses Bülow stellten nach 1292 Bischöfe von Schwerin. Im frühen 16. Jahrhundert stiftete Claus von Bülow einen eigenen Familienzweig, der sich nach Plüschow nannte. Am 5. Oktober 1761 veräußerte Joachim von Bülow das umfangreiche Gut Plüschow samt Zubehör an den Hamburger Bankier und späteren königlich-dänischen Kammerherrn Philipp Heinrich II. von Stenglin zu einem Preis von 240.000 Talern. Der neue Eigentümer Plüschows, der u. a. als erfolgreicher Kaufmann agierte und insbesondere im Siebenjährigen Krieg umfangreiche geschäftliche Aktivitäten entfaltete, war am 22. März 1759 von Kaiser Franz II. in den Reichsfreiherrenstand erhoben worden. Der Erwerb des Gutes in Mecklenburg ist im Kontext der standesgemäßen Repräsentation der Familie von Stenglin zu betrachten. In den Jahren 1761 bis 1763 entstand das barocke Herrenhaus in Plüschow, wo sich die Familie bevorzugt während der Sommermonate aufhielt, während sie im Winter in Hamburg in ihrem dortigen Palais am Neuen Wall weilte. 1802 erwarb der Erbprinz Friedrich Ludwig von Mecklenburg-Schwerin Plüschow, das später zeitweise verpachtet wurde. Auch nach dem Ende des Kaiserreiches und der Abdankung der Fürsten 1918 verblieb der Besitz bis 1945 in der Hand der großherzoglichen Familie. Das Kriegsende 1945 besiegelte das Schicksal des adeligen Gutes. Am 5. September 1945 wurde im Land Mecklenburg-Vorpommern die Bodenreform durchgeführt: Landwirtschaftliche Betriebe mit einer Größe von mehr als 100 Hektar sowie alle Betriebe, die sich im Besitz von Kriegsverbrechern oder Nationalsozialisten befanden waren von den Maßnahmen betroffen. Der umfangreiche Gutsbetrieb wurde in Kleinstbetribe von 5-10 Hektar aufgeteilt. Nach der Enteignung wurde Plüschow einer neuen Nutzung als Unterkunft für Flüchtlinge zugeführt. Es folgte eine wechselvolle Nutzungsgeschichte: Die Einrichtung einer Betriebsküche, eines Kindergartens und einer Gaststätte sowie die Verwaltung einer Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft. Ungeachtet der Ausweisung als Denkmal 1954 erlitt das Anwesen insbesondere im Inneren des Herrenhauses Substanzverluste. 1976 eroflgte die Eintragung in die Bezirksdenkmalliste. Eine schrittweise Sanierung des Objekts wurde 1988 eingeleitet. 1990 übernommt der "Förderkreis Schloss Plüschow e.V." das barocke Herrenhaus und leitet weitere Sanierungsmaßnahmen ein. Als Künstlerhaus unterhält der Verein im Herrenhaus u. a. sechs Gästeateliers sowie eine Druckwerkstatt. In Plüschow präsentieren heimische und europäische Künstler Exponate in zahlreichen Ausstellungen. Darüber hinaus beherbergt das herrenhaus eine Präsentation zur Geschichte des Hauses. Plüschow dient als öffentliche Galerie mit festen Öffnungszeiten und bereichert das kulturelle leben der Region durch zahlreiche Veranstaltungen. (Jens Friedhoff)

Bauentwicklung:

Der Burgplatz ist bislang nicht archäologisch erforscht worden, Angaben zur Bauentwicklung können deshalb nicht gemacht werden. (Stefan Eismann)

Das Herrenhaus Plüschow, Mittelpunkt des umfangreichen, mehrere Wirtschaftsgebäude umfassenden Gutsbetriebs wurde in den Jahren 1761 bis 1763 im Auftrag des neuen Eigentümers der Anlage, des zwei Jahre zuvor in den Adelsstand erhoebenen Hamburger Bankiers Philipp Heinrich Stenglin, errichtet. Aufgrund des Fehlens aussagekräftiger Bauakten und Rechnungen bleibt der Architekt des spätbarocken Gebäudes anonym. Wie Sabine Bock in ihrer 2013 vorgelegten Monographie zu Plüschow hervorhebt, ist die "bereits früher geäußerte Vermutung" es handele sihc um einen "Lübecker Baumeister, nachvollziehbar". Es mangelt jedoch an Indizien für einen Bezug zwischen Stenglin und einem Architekten aus Lübeck. Bei der Suche nach einem Baumeister kommt, wie Sabine Bock weiter ausführt, auch Ernst Georg Sonnin in Frage, der ab 1750 in Hamburg tätig war. Darüber hinaus ist in die Überlegungen zur Autorschaft für das Herrenhaus Plüschow auch sein Mitarbeiter, Johannes Kopp einzubehiehen, der jedoch erst ab 1767 eigenständige Arbeiten ausführte und u. a. mit der Wiederherstellung der Hamburger Michaelskirche betraut worden ist. Die Zuweisung der Arbeiten im Inneren des Hauses, der Rokokoausstattung bereitet aufgrund der lückenhaften schriftlichen überlieferung ebenfalls Probleme. Möglicherweise war in Plüschow Johannes Nepomuk Metz tätig, der Werke in Mecklenburg, Lübeck und Schleswig-Holstein hinterlassen hat, zwischen 1754 und 1766 nachweisbar ist und 1754 im Rathaus Güstrow sowie 1766 in dem Herrenhaus in Ratzeburg arbeitete. Im Inneren erflgten nach dem Übergang an das großherzogliche Haus Mecklenburg bauliche Veränderungen bzw. Modernisierungen (u.a. klassizistische Öfen). 1903 wurde das Herrenhaus an der rückwärtigen Fassade durch eine Veranda ergänzt. Das Monogramm FF IV (Großherzog Friedrich Franz IV. von Mecklenburg) über dem Portal des Herrenhauses verweist ebenfalls auf die späthistoristische Umgestaltuhng des Anwesens, das sich in seiner Gesamtheit jedoch als spätbarocke Anlage präsentiert. In der Weimarer Zeit entstand im Bereich des Gutsbezirks Plüschow 1924 ein neuer Schaf- und Viehstall. Ab 19212 wurde das Gut Plüschow mit Elektrizität versorgt. Eine Phase des Niedergangs und der baulichen Vernachlässigung nach 1945 folgten 1988 erste Schritte zur Sanierung des Anwesens. Mit der Übernahme durch den Förderkreis Schloss Plüschow e.V. 1990 wurde schließlich eine grundlegende Sanierung des Anwesens eingeleitet. (Jens Friedhoff)

Baubeschreibung:

Der Burgplatz zeichnet sich als 105 x 70 m große Erhebung im Gelände ab, die im Norden und Westen von einer Niederung begrenzt wird. Ein ca. 40 m breiter und bis 2 m tiefer Graben mit Böschungen an der Außenseite trennt den Hügel vom höher liegenden Umland im Osten und Südosten. Auf dem Plateau befinden sich zwei Hügel, einer im Norden (500 qm, ca. 2 m hoch) und einer im Süden (600 qm, bis 2,2 m hoch). Welche Rolle diese in der Struktur der Burg gespielt hatten, ist ohne archäologische Untersuchungen nicht zu beurteilen.
Die Existenz eines größeren, unterkellerten Wohnturms mit umgebendem Wassergraben wird in einem Teilungsvertrag von 1539 beschrieben. Zudem scheint noch ein gesonderter Wohnbau bestanden zu haben. Weitere Aussagen über die Baugestalt der Burg lassen sich aber aus dieser Urkunde nicht erbringen. Die beschriebenen Bauten sind nicht erhalten und bisher auch nicht lokalisiert worden. (Fred Ruchhöft)

Das Herrenhaus in Plüschow, ehemals Mittelpunkt eines Gutsbetriebs, zeichnet sich durch seine klare Grundrissgestaltung aus. Es handelt sich um einen rechteckigen zweigeschossigen Backsteinbau mit Mansarddach. Die mittleren der insgesamt elf Fensterachsen werden im Dachgeschoss von einem Giebel bekrönt. Im Giebelfeld befindet sich eine Uhr mit der noch erhaltenen Gutsglocke. Der bauliche Schmuck der Fassade beschränkt sich im Wesentlichen auf das aufwändig gestaltete Sandsteinportal, zu dem eine vierstufige Granittreppe emporführt. Das Portal weist Pilaster un dplastische Ornamente mit ienem schönen geschweiften Giebel auf. Ein Monogramm mit den Buchstaben FF und der Zahl IV verweist auf Friedrich Franz IV. aus dem Hause Mecklenburg, den letzten, bis 1918 Regent des Großherzogtums. Die schlichten Seitenfassaden des Herrenhauses weisen lediglich eine Fensterachse in der Mitte auf, die die auf beiden Geschossen das gesamte Herrenhaus durchlaufenden Korridore im Inneren kennzeichnen. Bei der Veranda an der Rückseite des Herrenhauses handelt es sich um eine späthistoristischee Zutat. Sie entstand zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Der Grundriss des Herrenhauses wird maßgeblich durch den in der Mitte des Hauses gelegenen Korridor bestimmt, dem im Erdgeschoss zur Hofseite die sich über drei Fensterachsen erstreckende Diele (Vestibül) sowie je zwei Räume vorgelagert sind. An der Rückseite schließen sich im Erdgeschoss das zentral gelegene Treppenhaus der Speisesaal und zwei weitere Räume an. In der darüber gelegenen ersten Etage werden die Räume rechts un dlinks ebenfalls durch den in der Längsachse des Hauses platzierten Korridor erschlossen. Zu den bedeutendsten Räumen gehört das zentrale Treppenhaus. Besondre Aufmerksamkeit verdient die zum Teil erhaltene Rokoko-Stuckdekoration, die vermutlich dem in Mecklenburg, Lübeck und Schleswig-Holstein tätigen Künstler Johann Nepomuk Metz zugeschrieben werden können, sowie drei von ehemals neun Öfen. Von der ehemaligen Wandverkleidung - klassizistische Papiertapeten - sowie Seidenbesapnnung, haben isch nach der teilweisen Verwüstung und Umnutzung des Hauses nach 1945 nur noch geringe Reste erhalten. (Jens Friedhoff)

Arch-Untersuchung/Funde:

Außer den Beobachtungen am obertägig sichtbaren Denkmal gibt es keine archäologischen Informationen.