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Talheim, Oberes Schloss

Geschichte:

Das obere Schloss war Sitz der ab 1230 in den Urkunden erscheinenden Herren von Talheim angesehen, die wahrscheinlich ursprünglich zur Reichsministerialität gehörten. Die Familie verzweigte sich frühzeitig, so dass eine Ganerbengemeinschaft über den ursprünglich vollständig allodialen Besitz entstand, die aufgrund von Heiratsverbindungen auch andere Niederadelsfamilien einschloss. Das Obere Schloss bildete den eigentlichen Stammsitz des Geschlechts, an ihm hing ursprünglich die Ortsherrschaft.
1367 wurde die Burg durch den Erzbischof von Mainz wegen von dort ausgehender Raubritterzüge zerstört. Gegen einen Wiederaufbau erging ein kaiserliches Verbot, das aber wirkungslos blieb. 1456 trugen die Herren von Talheim ein Drittel der Burg den Grafen von Katzenelnbogen zu Lehen auf, von denen die Lehnsherrschaft 1479 an Hessen überging. Deshalb wird der östliche Teil der Anlage auch Hessensches Schloss genannt. Als mit diesem Besitz einer der Herren von Sickingen belehnt wurde, nahm Gerhard von Talheim 1484 den hessischen Teil ein und bekam ihn anschließend gegen eine Entschädigungszahlung zugesprochen. 1471 hatte er den Schneck genannten Treppenturm im Nordwesten zusammen mit einem heute nicht mehr existenten Wärterhäuschen den Grafen von Württemberg zu Lehen aufgetragen. 1499 kaufte er Hans von Venningen auch den allodialen Teil der Burg ab, der vorher als Ganerben den Pfau von Hornberg und den Herren von Bebenburg gehört hatte. 1505 wurde die Burg zwischen seinen beiden Söhnen geteilt, was vier Jahre später den Bau einer Mauer quer durch den Burghof zur Folge hatte. Der westliche Teil ging ab spätestens 1521 von Württemberg zu Lehen. Der dortige Besitzer war nach der Heirat mit einer Erbtochter der Talheim ab 1551 das Heilbronner Patriziergeschlecht der Lyher, im Ostteil saßen weiterhin die Talheim. 1605 starben die Herren von Talheim aus. Danach bemächtigten sich die Württemberger Herzöge auch des allodialen Besitzes der Lyher. Der östliche Schlossteil wurde 1614 vom Deutschen Orden erworben und kam später in den Besitz verschiedener Adelsgeschlechter, darunter auch die Herren von Gemmingen. Das württembergische Lehen gelangte 1640 an die Chanowsky von Langendorf und 1694 an die Herren von Schmidberg. Nach deren Aussterben nahm Württemberg ab 1778 vier Familien von aus der Burg Horkheim stammenden Schutzjuden in seinem Teil des Schlosses auf. Aus diesem Grunde wurde die Anlage auch als Talheimer Judenschloss bezeichnet. Als 1793 auch eine Synagoge eingerichtet wurde, wurde sie umgehend durch die christlichen Bewohner im hessischen Teil verwüstet. Die Synagoge stand noch 1952 im Burghof. 1821 erwarb die jüdische Gemeinde den württembergischen Schlossteil, auch die übrige Anlage gelangte zwischen 1813 und 1833 an Privatleute. (Stefan Eismann)

Bauentwicklung:

Die Burg zu einem unbekannten Zeitpunkt während der Stauferzeit errichtet. Nach ihrer Zerstörung im Jahr 1367 wurde sie schnell wieder aufgebaut, das westliche der drei Wohngebäude stammt im Kern noch aus dieser Zeit. Der "Schneck" genannte Treppenturm dürfte im 15. Jh. errichtet worden sein. Um 1534 wurde das östliche Wohngebäude des hessischen Teils des Schlosses errichtet. Das mittlere Wohngebäude wurde nachträglich um 1560 zwischen die bestehenden Häuser eingefügt.
1509 wurde eine mittlerweile wieder verschwundene Mauer durch den Schlosshof gezogen, um die Besitztümer zweier Brüder der Herren von Talheim zu separieren. Der Verkauf an bürgerliche Familien hatte zu Beginn des 19. Jhs. kleinere Umbauten zu Folge. Das mittlere und das westliche Hauptgebäude wurden in den 1980/90er Jahren renoviert und teilrekonstruiert. (Stefan Eismann)

Baubeschreibung:

Die Burg liegt auf einer künstlich erweiterten Terrasse auf halber Höhe eines nach Süden gerichteten Steilhangs. Nach Norden wird sie durch eine nur 1,70 m starke Schildmauer geschützt, die mit ihrer Höhe von 14 m die Ringmauer um 4 m überragt. In der Nordwestecke ist der Mauer ein runder Eckturm (Tourelle) mit Schießscharten aufgesetzt, der wegen seiner Wendeltreppe "Schneck" genannt wird. Im Süden war der Ringmauer ein schmaler Zwinger vorgelagert. In der Nordostecke des Burghofs befinden sich die Fundamente des ehemaligen Bergfrieds. Laut einer Abbildung des Innenhofs von 1580 war dieser zu diesem Zeitpunkt noch in voller Höhe vorhanden. Zwei damals an ihn angrenzende Gebäude sind heute verschwunden. Die Südseite wird von drei aneinander angrenzenden Wohngebäuden mit fast quadratischem Grundriss eingenommen, die mit ihren Südseiten auf der Ringmauer aufsitzen. Der westliche Teil war württembergisches Lehen und wurde „Schmidberg'sches Schlösschen“ genannt, während der mittlere und östliche Bau von Hessen zu Lehen ging und entsprechend "Hessensches Schloss" genannt wurde. Den drei Gebäuden ist gemeinsam, dass auf einem massiven Sockel ein Fachwerkaufbau aufsitzt, der im Südwesten nur ein Stockwerk, ansonsten aber zwei Geschosse aufweist. Das mittlere und das östliche Gebäude weisen Krüppelwalmdächer auf, während das westliche ein Pyramidendach besitzt. Außerhalb der Burgmauern lag ein ummauerter Garten.
1605 gehörten zum östlichen, „Hessensches Schloss“ genannten Teil der Burg der Bergfried in der Nordostecke, ein Bandhaus, der Burgbrunnen, eine Küche und ein Stall. Zum westlichen Teil gehörte neben dem „Schmidberg'schen Schlösschen“ der „Schneck“ im Nordwesteck. (Stefan Eismann)

Arch-Untersuchung/Funde:

Keine