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Wildenberg im Odenwald

Geschichte:

Burg Wildenberg wurde zweifelsfrei von dem kaiserlichen Gefolgsmann Rupert von Dürn (1171 - 1197) gegründet. Während Walter Hotz von einer ersten Bauphase 1170 - 1180 ausging, geht die neuere Literatur eher von der letzten Dekade des 12. Jahrhunderts aus. Es ist darüber hinaus zweifelhaft, dass die Burg vor ihrer zweiten Bauphase unter Konrad I. von Dürn überhaupt von den Herren von Dürn genutzt bzw. bewohnt wurde. Unter Ruperts Enkel Konrad I. wurden "um 1216" die Bauarbeiten wieder aufgenommen, 1222 wurde Konrad als "Konrad von Wildenberg" tituliert. Unter Konrad, der mit einer Erbtochter der nach 1212 ausgestorbenen Grafen von Lauffen verheiratet war, erreichte die Herrschaft Dürn einen Höhepunkt, dem jedoch der schnelle Absturz folgen sollte. Seitens der germanistischen Literatur wird vermutet, dass in der Zeit Konrads auch der Dichter Wolfram von Eschenbach auf der Burg lebte, oder diese zumindestens besuchte. Die Aussage in Wolframs Parzival "hier zu Wildenberg" bezüglich der Kamine der Gralsburg wird als Anspielung auf Burg Wildenberg verstanden, deren Name zugleich im Namen der Gralsburg "Munsalvaesche" wiederkehrt.
Der höfische Glanz unter Konrad I. von Dürn (gestorben 1253) konnte diesen nicht überleben, bereits 1271 mussten seine Nachkommen die Burg an den Erzbischof von Mainz verkaufen, der sie zum Amtssitz herrichtete. Im Oktober 1356 wurde die Burg durch das "Basler Erdbeben" vom St. Lukastag beschädigt, vermutlich stürzte die durchfensterte Hofwand des Palas ein. Der geringere Raumbedarf des mainzischen Amtmannes zog im 15. Jahrhundert Umbauten nach sich, die vor allem den Palas betrafen, dessen Saal durch Quermauern unterteilt wurde. Kriegerische Ereignisse sah die Burg bis zum Jahre 1525 nicht.
Im Mai 1525 wurde die unverteidigte Burg von den aufständischen Bauern angezündet. Die Zerstörung ist nicht detailliert überliefert, wird aber lediglich hölzerne Bauteile betroffen haben. Entgegen der Behauptungen der älteren Literatur wurde die Burg nach 1525 nicht mehr instand gesetzt, sondern verlassen.
Das Interesse an der eindrucksvollen Ruine setzte bald nach 1815 ein. Im Jahre 1821 ließ Graf Franz von Erbach-Erbach die Inschriftsteine vom Torturm und wertvolle Bauplastik aus der Ruine ausbauen und in seiner künstlichen Ruine "Eberhardsburg" im Eulbacher Park zweitverwenden. Von dort kehrten sie ab 1935 weitgehend zurück. Pläne zur Errichtung eines Jagdschlosses im Bereich der Burgruine blieben glücklicherweise ebenso unausgeführt wie ein von Bodo Ebhardt vorgeschlagener Wiederaufbau. Stattdessen setzten um 1900 erste Sicherungsmaßnahmen ein. Weitergehende Restaurierungen erfolgten ab 1935, konnten aber kriegsbedingt nicht zu Ende geführt wurden. Erst 1959 konnte man sich zu ihrer Fortsetzung entscheiden, die bis weit in die 1960er Jahre andauerten. Seit Beendigung der Restaurierungen ist es erneut still um die Burgruine Wildenberg geworden und der Wald ergreift erneut von ihr Besitz. (Thomas Steinmetz)

Bauentwicklung:

Die Burg hatte von Anfang an ihre markanten rechteckigen Umrisse mit 90 m Länge und maximal 39 m Breite, die von späteren Jahrhunderten nicht verändert wurden. Die erste Bauphase im ausgehenden 12. Jahrhundert schuf die Ringmauer, das Untergeschoss des Palas, den Bergfried und das diesem benachbarte Steinhaus. Einiges spricht dafür, dass Rupert von Dürn diese erste Bauphase nicht wirklich vollenden konnte und die Burg für 15 bis 20 Jahre als Bauruine liegen blieb. Erst Ruperts Enkel vollendete das Werk des Großvaters, indem er das Obergeschoss des Palas in frühgotischen Formen aufsetzen, an bereits vorgesehener Stelle den Torturm mit der Burgkapelle einbauen und das Turmhaupt des Bergfrieds fertigstellen ließ. Zudem besaß die Burg sicherlich von Anfang an eine vorgelagerte Vorburg, von der jedoch kaum etwas erhalten blieb.
Aufgrund des nach dem Verkauf an das Erzstift Mainz erheblich geringeren Raumbedarfes wurde in die romanisch-frühgotische Bausubstanz später nur geringfügig eingegriffen, zudem ist die in mainzischer Zeit entstandene Bausubstanz stärker durch Verfall vermindert worden. Wesentliche Baumaßnahmen des Erzstiftes waren die Unterteilung des Palas-Obergeschosses durch Querwände, die Unterteilung des Burghofes durch eine (erhaltene) Sperrmauer, die Aufstockung des dem Palas benachbarten Westturmes sowie die Errichtung von Zwingermauern. Sicherlich ist zudem von Baukörpern aus Fachwerk auszugehen, von denen wir keine Kunde haben.
Die Restaurierungen des 20. Jahrhunderts stellten den romanisch-frühgotischen Eindruck des Palas wieder her, waren dort jedoch nicht ohne Fehler. (Thomas Steinmetz)

Baubeschreibung:

Aufgrund des Nutzungsendes 1525 und des stärkeren Verfalls der nach 1271 errichteten Bausubstanz gehört die Burgruine Wildenberg zu den bedeutendsten stauferzeitlichen Burgen Süddeutschlands. Die Lage in der Waldeinsamkeit verschafft der Burg eine besondere Stimmung.
Die Bauten Rupert von Dürns aus dem ausgehenden 12. Jahrhundert (Bergfried, Ringmauer, Palas-Untergeschoss, Steinhaus) sind noch vollständig erhalten, die Zutaten Konrad von Dürns (Palas-Obergeschoss, Torturm) immerhin noch weitgehend. Von dem die Kernburg umgebenden Zwinger und der zwischen zwei Halsgräben gelegenen Kernburg künden dagegen nur noch spärliche Reste.
Die ca. 90 m lange Kernburg wurde über rechteckigen Umrissen konstruiert, zwischen den überlappenden Mauerenden der östlichen Längsseite war von Anfang an das Tor vorgesehen, das jedoch erst unter Konrad von Dürn tatsächlich in Gestalt des Torturmes mit Burgkapelle verwirklicht wurde. Die unter Rupert von Dürn entstandenen Bauteile besitzen außen durchweg Buckelquader, die Bauten seines Enkels sind dagegen aus glatten Quadern errichtet. Eine Quermauer trennte vermutlich von Anfang an das bergseitige Drittel der Kernburg vom tieferen Bereich ab und verwirklichte quasi eine innere Kernburg bestehend aus dem übereck stehenden Bergfried und dem benachbarten Steinhaus, das als Wohnung des Burgherrn zu vermuten ist. Der tiefer liegende, sehr geräumige Burghof (im 15. Jahrhundert durch eine Sperrmauer unterteilt) nahm neben jetzt verschwundenen Nebengebäuden vor allem den zweistöckigen Palas samt angebautem "Westturm" auf, dessen romanische und frühgotische Fenster vom überdurchschnittlichen architektonischen Anspruch der Burg zeugen. Besonders bemerkenswert ist die dreiteilige Fenstergruppe in der Giebelwand des Obergeschosses. Der berühmte große Kamin im Untergeschoss des Palas wurde erst nach 1935 aus Bruchstücken restauriert und ist vermutlich Gegenstand der Anspielung auf Wildenberg in Wolfram von Eschenbachs "Parzival". Der spätromanische Torturm mit Stufenportal nahm im Obergeschoss die Burgkapelle St. Georg auf. Seitlich der inneren Durchfahrt befinden sich die beiden Inschriftsteine, die Rupert von Dürn und einen urkundlich nicht bekannten Burkhard (von) Dürn als Burggründer verewigen.
Die Zutaten aus mainzischer Zeit sind nicht besonders bemerkenswert. Relativ gut erhalten ist allein die Toranlage (vermutlich erste Hälfte 15. Jahrhundert) am Rande des Halsgrabens, die vormalige Zwingermauer ist dagegen kaum noch wahrnehmbar. Einzige Mauerreste der Vorburg sind die Pfeiler der über den Halsgraben führenden Brücke. (Thomas Steinmetz)

Arch-Untersuchung/Funde:

Die Restaurierungsarbeiten erbrachten zahllose Kleinfunde, die im Amorbacher Heimatmuseum (z. Zt. Geschlossen) aufbewahrt werden und bisher nicht wissenschaftlich bearbeitet wurden.