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Rauischholzhausen

Geschichte:

Im 8. Jh. war der damalige Ort Holzhausen im Besitz des Klosters Fulda, doch kam er vor 1190 an das Erzbistum Mainz, das in der nahe Holzhausen gelegenen Amöneburg seinen wichtigsten Stützpunkt in der Region hatte. Rauischholzhausen im Ebsdorfer Grund - am Südrand des Amöneburger Beckens - trägt seinen Namen erst seit der Gebietsreform 1933/34: Das damalige Holzhausen wurde zur Unterscheidung von anderen gleichnamigen Orten so genannt, da hier einst die Adelsfamilie Rau ansässig war - es handelt sich also um das "rauische Holzhausen".
Das von 1356 bis zum Ende des 19. Jahrhunderts bezeugte Ortsadelsgeschlecht der Rau von Holzhausen besaß zwei Burgen im bzw. beim Ort, die Obere und die Untere Burg. Noch für 1749 sind zwei adlige Burgsitze bezeugt. Wie auch die Geschichte des reichsritterschaftlichen Geschlechts ist die Geschichte der Burgen der Rau von Holzhausen nur schwer zu fassen. Der Besitz der Rau von Holzhausen wurde 1873 an den Botschaftsrat Freiherr von Stumm veräußert, der sich nahe der Unteren Burg sein historistisches Schloss Neu-Potsdam errichten ließ.
Wann die beiden Burgen in Holzhausen jeweils erbaut wurden, ist unbekannt. Zu Beginn des 14. Jh. war die Burg als Afterlehen im Besitz einer Gruppe von Ganerben. Die Herren von Eppstein, die die Vogtei in Holzhausen innehatten, gaben jene 1369 ans Erzbistum zurück. Nachfolger wurden die Rau von Holzhausen - diese waren ein von 1356 bis Ende des 19. Jh. bezeugtes Ortsadelsgeschlecht und die wichtigsten Grundherren am Ort.
Um 1190 hatte das Erzstift Mainz die Vogtei Holzhausen den Dynasten von Eppstein zu Lehen gegeben; ab ca. 1220/30 war sie dann ein Afterlehen Adolfs von Nordeck und Widerolds von Marburg. Beide Adelsfamilien waren offenbar mit dem Geschlecht von Holzhausen verwandt. Um die Mitte des 14. Jahrhunderts war das Afterlehen im Besitz eines Ganerbenverbandes, dem die von Holzhausen angehörten. 1369 verkauften Burghard, Adolf und Johann von Holzhausen ihren Anteil an Gericht, Vogtei, Gütern, Gülten und sonstigem Zubehör, den sie bis dahin mit den Rau von Holzhausen in Ganerbschaft besessen hatten, dem Erzstift Mainz. 1380 bestätigten Adolf und Heinrich von Holzhausen, dass sie dem Landgrafen von Hessen 1/3 ihres "Hauses" aufgelassen hätten und zwei Drittel von ihm zu Mannlehen tragen wollen; mehr Anteile an Burg und Gericht sollte der Landgraf weder von ihnen noch von ihren Ganerben erhalten (ebd.). Zu jener Zeit scheint die zweite Burg am Ort noch nicht bestanden zu haben.
Mehrfach kam es zu Konflikten zwischen dem Erzstift Mainz und den Landgrafen von Hessen um die Besitzungen in Holzhausen, das erst 1803 endgültig an Hessen kam.
Das Adelsgeschlecht Familie Rau von Holzhausen war seit dem 14. Jahrhundert, als es Holzhausen vom Mainzer Erzbischof zu Lehen nahm, bis in die 1870er Jahre hier ansässig: 1871 erwarb der Industrielle Ferdinand Stumm (ab 1888 Freiherr von Stumm, +1925) aus dem Saarland, der spätere deutsche Botschafter in Madrid, den Besitz der Rau von Holzhausen. In den 1870er Jahren ließ er sich das Schloss Neu-Potsdam erbauen, das anfangs nur als Sommersitz diente. 1873/76 entstand der weitläufige Landschaftspark rund um das Schloss. Bis 1938/41 waren die Freiherren von Stumm in Rauischholzhausen ansässig. 1941 veräußerte die Familie das Anwesen wegen der hohen Unterhaltskosten an die NS Volkswohlfahrt; bis zum Kriegsende diente es als Kindergärtnerinnenseminar und später als Tagungsstätte der Universität Gießen. Das historistische Schloss ist nicht aus der Burg hervorgegangen und nimmt auch nicht deren Standort ein.
(Michael Losse)

Bauentwicklung:

Die als Untere Burg bezeichnete Wasserburg stand vermutlich nahe des Teiches im späteren Schlosspark. Zu ihrem Baubestand gehörte die Alte Mühle, von der ein bemerkenswerter, um 1600 errichteter Renaissancebau mit Fachwerkobergeschoss (ab 1875 Mühle) am unteren Eingang zum Schlosspark steht. Ein Portal der Burg ist neben dem Torbogen in eine Wand des Schlosses eingesetzt. Die Burg wurde anscheinend erst im Kontext des Schlossbaues (1873/76) und der Anlage des Parks unter dem Freiherrn von Stumm in den 1870er Jahren abgebrochen.
(Michael Losse)

Bei dem im Ort gelegenen spätgotischen herrschaftlichen Wohnbau handelt es sich offenbar um die zweite, im Ort befindliche Burg der Rau von Holzhausen. Das dendrochronologisch in das Jahr 1492 datierte Herrenhaus dient heute als Lehr- und Versuchsgut der Universität Marburg. (Jens Friedhoff)

Baubeschreibung:

Der Baubestand der offenbar im Zusammenhang mit dem Schlossbau (1873/76) und der Anlage des Parks unter dem Freiherrn von Stumm in den 1870er Jahren abgebrochenen Niederungsburg ist nicht bekannt. Sie stand nahe des Teiches unterhalb des Stummschen Schlosses. Zum Baubestand der Burg gehörte die heute sog. Alte Mühle, von der ein bemerkenswerter, um 1600 errichteter Renaissancebau mit Fachwerkobergeschoss (ab 1875 Mühle) am unteren Eingang zum Schlosspark steht. Ein Portal der Burg ist neben dem Torbogen in eine Wand des Schlosses eingesetzt.
(Michael Losse)

Die in den Schriftquellen bezeugte zweite Burg der Rau von Holzhausen ist sehr wahrscheinlich im Ort zu lokalisieren. Es handelt sich um den als Versuchsgut der Universität Marburg dienenden Gutshof. Das stattliche Herrenhaus ist ein dreigeschossiger Fachwerkbau mit Ecktürmchen. Die Stockwerke kragen auf Knaggen vor. Das Objekt datiert in das Jahr 1492 (d). An der Nordseite befindet sich ein langgestreckter Anbau von 1608 (d). Die zum Ensemble gehörenden Stallungen und die Scheune entstanden in den 1870er Jahren. (Jens Friedhoff)

Arch-Untersuchung/Funde:

Unbekannt